Der Wert der Menschen in Unternehmen! – Teil: 2  Agilität und New Work werden oft falsch verstanden.

Der Wert der Menschen in Unternehmen!

Teil: 2  Agilität und New Work werden oft falsch verstanden.

 von Arno Brandscheid

Dieser Text schließt an meinen letzten Blogbeitrag unter der gleichen Überschrift, als Fortsetzung der dort entwickelten Gedanken an.

Im vorangegangenen Text ging es um die Gründe der Verunsicherung in unserer Wirtschaft, um das verlorene Vertrauen der Geführten gegenüber den Führern und um den Wert des Human- und Sozialkapitals in Unternehmen für deren kulturelle Entwicklung. Es wurde der Bezug hergestellt zwischen Unternehmenskultur und der vielbeschworenen Agilität. Ohne eine gelebte und passende Unternehmenskultur kann ein Unternehmen nicht agil werden.

These 3

Ohne die Menschen erfolgreich mitzunehmen und zu beteiligen wird auch in Zukunft der langfristige Erfolg in den Organisationen ausbleiben.

Die fünf größten Versäumnisse, die Potentialentfaltung Ihrer Mitarbeiter verhindern!

Der Erfolg folgt den Menschen – Diese Aussage ist nach meiner jahrzehntelangen Erfahrung richtig! –  Immer mehr Unternehmer erkennen, dass der Erfolg des eigenen Unternehmens eng an das Wohlbefinden der Mitarbeiter und der Möglichkeit deren Potentialentfaltung geknüpft ist.

Nach meiner Erfahrung steht kein arbeitender Mensch am Morgen auf, um anschließend in dem Unternehmen in dem er arbeitet eine Schlechtleistung zu erbringen. Vielmehr möchte jeder arbeitende Mensch einen Beitrag leisten, er möchte Spuren hinterlassen auf dieser Welt. Es ist archetypisch das Menschen Ihre Arbeit gut machen möchten.

Hat die Arbeit eine Qualität, so wird sie in der Regel auch gut sein. Gute Arbeit macht den Menschen Freude. Wenn wir Freude empfinden, sind wir Menschen kreativ, leistungsbereit und können unsere Schaffenskraft, unser Potential deutlich besser entfalten.

Es ist deshalb auch für Arbeitgeber wichtig, zu erkennen worin die Qualität der übertragenen Aufgabe liegt und was erforderlich ist, damit Arbeitnehmer dies annehmen und eine hohe innere Zustimmung zum Tun in diesen Menschen erzeugt wird. Das Tun muss für uns Menschen nicht zuletzt auch Sinn machen. Menschen folgen nicht dem „Wie“ oder dem „Was“, sondern dem „Warum“.

Leider gibt es noch viel zu oft in den Unternehmen innere (Verfassung des Unternehmens, fehlende Strategie, unpräzise Vision, fehlende Werte) und äußere Umstände (fehlende Struktur, schlechte Prozesse, schlechte Räume und sachliche Voraussetzungen), die eine solche Potentialentfaltung von Mitarbeitern verhindern.

Die Verhinderer der Potentialentfaltung

Hier die fünf größten Versäumnisse, die die Potentialentfaltung Ihrer Mitarbeiter verhindern und damit den Erfolg Ihres Unternehmens behindern:

  • Fehlende Werteorientierung, fehlende Unternehmensvision, keine inhaltlichen Leitplanken;
  • Schlechte Führung durch die direkten Vorgesetzten, fehlende Wertschätzung;
  • Ständige Arbeitsüberlastung, zu viele Aufgaben für zu wenig Mitarbeiter, fehlende Strukturen und ständig wechselnde Anforderungen;
  • Fehlende oder schlechte innerbetriebliche Kommunikation;
  • Schlecht belichtete und/oder belüftete Arbeitsplätze, laute Umgebung hoher Publikums- und/oder Telefonverkehr, fehlende Rückzugsmöglichkeiten, unterbewusste Reizüberflutung;

Die o.g. Punkte führen jeder einzelne bereits für sich bei den Menschen zu einer fortwährenden Leistungsminderung, werden sie noch miteinander kombiniert, entsteht ein unglaublicher Verlust an Energie und damit Leistung für das Unternehmen.

Das mittlerweile in vielen Betrieben etablierte Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) ist ein Baustein in einem Gesamtkonzept zur Herstellung der Potentialentfaltung und dem Erhalt der Leistungsfähigkeit im Unternehmen. In diesem Rahmen wird nach bisherigen Erfahrungen der Faktor der seelischen, der psychischen Gesundheit sehr oft von der obersten Leitung und selbst im Personalwesen in Wirkung und Verbreitung unterschätzt. Diese Fehleinschätzung kostet die Unternehmen viel Geld und schadet den betroffenen Menschen.

These 4

New Work und Agilität wird von der obersten Führung oft falsch verstanden.

Nur Tischkicker, Bällebad, Yoga oder Hollywoodschaukel im urbanen Loft ist kein New Work. New Work ist bereits seit einiger Zeit in aller Munde: wieder nur eine „neue Sau“ die durchs Dorf getrieben wird oder wirklich etwas Revolutionäres?

Viele Unternehmen sind in einer hektischen Umtriebigkeit, die Vorstände möchten sichtbare Signale für den Aufbruch in die neue Zeit, schließlich geht es auch darum den Stakeholdern zu zeigen, dass man die „digitale Transformation“ erfolgreich in Angriff genommen hat. Es geht dabei um Agilität und natürlich auch um Employer Branding, darum wer bekommt die besten Arbeitskräfte am Markt.

Die Erwartungshaltung der obersten Leitung  und der Personalabteilungen in dieses „New Work“ ist groß, es scheint fast so etwas zu sein wie ein Viagra für neue Leistungskultur, für Innovation für Start-up-Mentalität und vieles mehr.

Was ist New Work wirklich?

Es geht um nichts anderes, als um den Versuch der Beherrschung von Komplexität, um die Veränderung von Denk- und Handlungsweisen, raus aus den oft noch hierarchischen Strukturen, raus aus dem „das machen wir schon immer so“.

New Work ist ein ganzheitlicher Ansatz, der alle Ebenen und Bereiche (Mensch, Organisation und Maschine) anspricht und es geht um „fundamentales Reengineering“, es geht um ein Neugestalten bestehender Systeme und Strukturen oder um das Ersetzen eines alten Systems durch ein neues. Es umfasst alle Methoden und Aktivitäten zur Anpassung an geänderte Umfeldbedingungen.

New Work zieht  – wenn ernst gemeint – einen umfassenden Wandel im gesamten Unternehmen nach sich und zwar ohne Ausnahme auch in allen Hierarchieebenen.  Es heißt ein weg von engmaschiger Weisung und Kontrolle, hin zu selbstorganisierter und selbstverantworteter Arbeit.

10 Grundsätze für ein neues Arbeiten – Für erfolgreiches New Work müssen sich die Führung und die Mitarbeiter verändern.

Gerade für die etablierten Führungskräfte und Mitarbeiter bedeutet die Umsetzung von New Work völlig neu zu denken:

  1. Grundvoraussetzung dafür ist ein Menschenbild, welches Leistungswillen, Kompetenz und Vertrauen in die Person und Integrität des anderen unterstellt;
  2. Die Bereitschaft sich selbst im Dienst der Aufgabe auch selbst zu hinterfragen, welchen Beitrag kann ich leisten;
  3. Das Vermögen die bereits erworbene Macht und insbesondere auch Status preiszugeben;
  4. Die Definition der eigenen Bedeutung im Unternehmen nicht nur aus dem Türschild, dem Eckbüro oder der Position im Organigramm herzuleiten, sondern sich als wichtiges Element in einem werthaltigen Gesamtsystem zu begreifen;
  5. In wechselnden Rollen, je nach Auftrag, Projekt und Lage sich im Sinne der gemeinsamen Sache, in einem Team von vielseitig begabten und leistungsfähigen Mitgliedern ohne Leidensdruck oder Kanibalisierungsängste zu bewegen und einzuordnen.
  6. Es führt in der jeweiligen Situation immer der, der für diese Aufgabe, das Projekt am besten geeignet ist.
  7. Jeder übernimmt Verantwortung, dazu gehört auch über den eigenen Tellerrand zu schauen und freiwillig Beiträge zu ggfls. erkennbaren Prozess- und Systemverbesserung zu leisten;
  8. Es ist Eigeninitiative und Mitdenken gefragt, kritische Fragen sind ausdrücklich erwünscht;
  9. Jeder muss raus aus seiner gewohnten Komfortzone;
  10. Es existiert eine wertschätzende Feedback-Kultur, es dürfen auch Fehler gemacht werden;

Was ist dafür erforderlich das der Wandel zu New Work und damit zur Agilität erfolgreich gelingt?

  • Mut etwas verändern zu wollen, die Bereitschaft etwas auszuprobieren;
  • Geduld und ein realistischer Plan was, wo, bis wann, mit welchem Budget, etc.;
  • Die Bereitschaft zur Beantwortung der Frage: Warum machen wir das was wir tun, wie wir es tun und warum mit den Mitteln mit denen wir es tun?
  • Eine eingängige und nachvollziehbare, starke Vision für das Unternehmen und ein belastbares, gelebtes Wertesystem.
  • Ausgeprägte und funktionierende Strukturen der internen Kommunikation;
  • Eine umfassende Einbeziehung und aktive Beteiligung der Mitarbeiter und Gruppen;
  • Schaffung von Sicherheit gerade wegen der Veränderung der Führungskarrieren (Führung auf Zeit oder Abruf);
  • Führung ist die Bewegung einer Gruppe hin zum Team, hierfür bedarf es auch der stimmigen Unternehmenskultur;
  • Regelmäßiges Feedback zwischen den Beteiligten, Bereitschaft zur unterstützten Selbstreflexion;

In der Umsetzung von New Work stecken große Chancen für die Organisation, für das Unternehmen. Im Erfolgsfall werden erhebliche neue und zusätzliche Energien und Potentiale freigesetzt. Das Unternehmen wird im wahrsten Sinne des Wortes „agil“. Die Umsetzung von New Work ist und bleibt ein Change-Projekt mit allen damit verbundenen Anforderungen, Erfordernissen und Störquellen. Unter Beachtung der vorgenannten Ausführungen und unter Anlegung eines realistischen Zeitplans für eine solche Transformation sollte es jedoch gelingen!

Fazit:

Die Herausforderungen an die Unternehmen und deren Organisation sind vielfältig und komplex. Der Mensch bleibt nachhaltig der Schlüssel für die Umsetzung und damit der Erfolgsfaktor Nummer 1 in den Unternehmen. Dieses Verständnis ist noch nicht in allen Führungsetagen wahrhaftig angekommen.

Ein weiterer großer Schlüssel für den nachhaltigen Erfolg von Unternehmen ist die die Entwicklung und Anhäufung von Sozialkapital, hier hat eine gute und glaubwürdig gelebte Unternehmenskultur eine entscheidende Funktion für das Vertrauen der Menschen in Führung und Unternehmung. Ohne dieses Grundvertrauen erfolgt keine Potentialentfaltung und damit kein dauerhaftes werthaltiges Engagement der Mitarbeiter zum Wohle des Unternehmens.

Agilität ist das gute Ergebnis dieser Faktoren und kann nicht einfach angeordnet werden. Ohne Vorhandensein der vorgenannten Faktoren kann es nur sehr schwer zu den gewünschten Veränderungen kommen.

Wirtschaft benötigt die Rückerlangung von Vertrauen der Geführten und der Menschen für die Wirtschaft tätig ist. Wirtschaft ist kein Selbstzweck, sie steht im Dienst der Menschen.

Zukünftiges Wirtschaften

  • wird sich als Dienst am Menschen verstehen müssen;
  • wird sich eingebunden sehen in das Ganze von Gesellschaft und Natur;
  • wird sich rückgebunden wissen an Werte, die dem Unternehmen Sinn und Orientierung geben;
  • wird seinen Erfolg daran messen lassen, ob es gelingt, menschliche Potenziale zu entfalten und das Leben der Einzelnen und der Gesellschaft reicher zu machen;
  • wird mit dem überholten Bild des von Konkurrenz und Gier getriebenen Homo Oeconomicus brechen und ein neues Bild des Menschen an dessen Stelle setzen, das den Menschen als Wesen der Verbundenheit und Freiheit deutet;
  • erfolgt im Team prozessorientiert, mit nur einem Ziel vor Augen: das optimale Ergebnis;

Wie immer, freue ich mich über Euer Feedback über Likes und gerne auch über kritische Rückmeldungen, herzlichen Dank!