Warum in der Corona-Krise auch Chancen liegen!
Die Krise als gesellschaftlicher Selbsterfahrungsprozess
In den vergangenen Monaten hat vor dem Hintergrund der Corona-Krise eine Art gesellschaftlicher Selbsterfahrungungsprozess stattgefunden. Auf einmal wird uns bewusst wie endlich unser Leben ist und was es bedeutet, in modernen Zeiten kein wirksames Medikament gegen eine massenhaft auftretende Krankheit zu haben.
Plötzlich entschleunigen gezwungenermaßen ganze Gesellschaften. Ganze Branchen verlieren ihre Geschäftsmodelle und die Menschen sind gezwungen sich wieder mehr mit sich selbst und mit ihren Familien zu beschäftigen.
Ja, unsere Regierung, unser Staatsapparat hat in der Krise funktioniert und verlässliche Arbeit geleistet. Plötzlich können Milliarden Euro zusätzlich für die Problemlösungen in Wirtschaft und Gesellschaft eingesetzt werden. Regierung und Opposition arbeiten Hand in Hand, relativ geräuschlos und weitgehend ohne die sonst oft üblichen Schaukämpfe. Hierfür gilt es Dank zu sagen! Aber auch die Bürgerinnen und Bürger haben ihren Beitrag geleistet, waren in seltener Weise diszipliniert und haben Opfer gebracht.
Corona hat m.E. den schon seit einiger Zeit spürbaren Paradigmenwechsel, den Macroshift, zusätzlich befördert und einige in der Wirtschaft bereits absehbare und teils überfällige Entwicklungen massiv beschleunigt.
Veränderungen werden die Folgen sein
Der durch Corona ausgelöste Zwang zu disruptiver Veränderung führt in naher Zukunft zu tiefgreifende Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Nachfolgend nur einige exemplarische Beispiele:
- So werden sicherlich die in der Vergangenheit geführten Diskussionen über Krankenhaus Schließungen und Bettenabbau in den Hintergrund treten.
- Ärzte und Pflegekräfte haben an öffentlichem Ansehen gewonnen und die Wichtigkeit ihres Tuns wird so schnell nicht vergessen werden, das ist gut.
- Die Kosten für unser Gesundheitswesen werden absehbar steigen und die Beitragszahler für längere Zeit stärker belasten. Die Gesundheitwirtschaft wird zusehends zu einer tragenden Säule unserer Volkswirtschaft.
- Die ohnehin schon fragwürdigen Geschäftsmodelle der Automobilindustrie, deren Zulieferer und auch andere “alte” Branchen sind nun gänzlich in der Krise. Sehr viele Menschen werden absehbar ihre Jobs verlieren und müssen sich neu orientieren.
- Auch die Reisebranche wird Jahre benötigen, um sich zu erholen und neue Geschäftsmodelle und Angebote zu entwickeln.
- Die bisherige Enge an vielen Flughäfen hat sich auch erledigt und plötzlich ist wieder Platz. Auch bei den Airlines werden Tausende von Jobs verloren gehen.
- Die Krise hat die Rückständigkeit unseres Bildungssystems nachhaltig bestätigt. Die Digitalisierung in der gesamten Bildungslandschaft wird nunmehr mit Volldampf vorangetrieben werden müssen.
Chance eines Neuanfangs
Insgesamt steckt in dieser Corona- Krise – trotz der noch absehbaren Schwierigkeiten – auch die Chance eines jeden Neuanfangs. Wir haben jetzt erkannt, wie schnell das gewohnte und „normale“ Leben ohne eigenes Zutun vorbei sein kann. Plötzlich werden heimische Produktionsstätten wieder wichtig und das „Just in Time-Modell” wird hinterfragt.
Die zahlreichen Zoom-Konferenzen haben gezeigt, dass man nicht für jede Besprechung um den halben Erdball fliegen muss. Das Arbeiten von zu Hause aus wird sich verfestigen.
Manch einer wird sich fragen, ob immer höher, immer weiter und immer mehr, noch das richtige Lebensmotto ist.
Es besteht die Chance, dass wir “mit der Kraft des Verstandes” für unsere Gesellschaft zu neuen Konzepten und Erkenntnissen kommen, wir hoffentlich wieder mehr “Wirtschaft im Dienst der Menschen” machen, das wünsche ich mir jedenfalls und daran arbeite ich jeden Tag persönlich.
Ich bin mir sicher, dass wir die vor uns liegenden Aufgaben mit den uns innewohnenden Fähigkeiten meistern werden. Die Beschäftigung mit diesen und den weiteren Themen wird neue Lösungen schaffen und neue Möglichkeiten eröffnen, darauf dürfen wir vertrauen.
Nutzen wir die Chance dieser Krise bitte auch, um in allen Bereichen unseres täglichen Lebens mehr Menschlichkeit, mehr Wertschätzung und Dankbarkeit zu zeigen. Krise sei ein produktiver Zustand, wusste Max Frisch, „man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“.